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Stellungnahme zu den Eckpunkten „Reform der Fahrschulausbildung“

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Eine Stellungnahme der Deutschen Fahrlehrer Akademie e.V.

Reform: „Planmäßige Neuordnung, Umgestaltung, Verbesserung des Bestehenden (ohne Bruch mit den wesentlichen geistigen und kulturellen Grundlagen).“
(www.duden.de) „(…)Damit wird eine Umgestaltung bezeichnet, mit der man Dinge oder Strukturen verändert, ohne sogleich alles radikal anders zu machen. (…)“ (www.bpb.de)

Die 2018 eingeführte Fahrlehrerreform hatte als Ziel, zukünftige Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer zu hochqualifizierten Lehrkräften auszubilden; die Ausbildungsinhalte wurden in Kompetenzbereiche untergliedert, die Ausbildungszeit wurde erhöht, so dass der pädagogisch-psychologische Anteil heute annähernd die Hälfte der Gesamtstunden einnimmt.

Die nun geplante Reform der Fahrschülerausbildung kann vor diesem Hintergrund nur als Deklassierung bezeichnet werden, denn sie stellt die pädagogisch gut ausgebildete und damit qualifizierte Lehrkraft vollends in Frage. Daraus resultierend wird auch die in der Ausbildung von Fahrschülerinnen und Fahrschülern immer im Vordergrund stehende Verkehrssicherheit konterkariert und das, obwohl man auf der Homepage des BMV noch immer folgende Aussage findet: „Bei der Suche nach Lösungsansätzen für eine Optimierung der Ausbildung von Fahrschülern muss die Erhöhung der Verkehrssicherheit an erster Stelle stehen.“ Die Reduzierung der Führerscheinkosten ist in den Fokus gerückt und Vorschläge, wie die Kostenverringerung umgesetzt werden kann, wurden am 16. Oktober 2025 in einer Pressekonferenz veröffentlicht.

In der theoretischen Fahrausbildung werden einerseits notwendiges Regelwissen und anwendbare Kenntnisse vermittelt, andererseits werden hier Einstellungen und Werthaltungen geprägt: wichtige Voraussetzungen für die sichere und verantwortungsvolle Verkehrsteilnahme. Im theoretischen Unterricht wird im sozialen Kontext erfolgreich gelernt, diskursive Methoden fördern das Miteinander – ein partnerschaftliches Miteinander ist ebenfalls eine Voraussetzung, um gefahrlos am Straßenverkehr teilzunehmen. Unfälle und Verkehrsauffälligkeiten sind eher zurückzuführen auf kritische Einstellungen zu regelkonformem Verhalten als auf mangelnde Regelkenntnis.

Die Pflicht zum Präsenzunterricht soll zukünftig entfallen und die Möglichkeit, sich auf einem rein digitalen Weg auf die theoretische Fahrerlaubnisprüfung (TFEP) und auch auf die Fahrstunden vorzubereiten, soll geöffnet werden. Grundsätzlich kann man festhalten, dass eine TFEP durch reines Auswendiglernen der Prüfungsfragen nach mehreren Anläufen durchaus möglich ist. Festhalten kann man aber auch, dass so keine Vorbereitung auf den praktischen Teil der Ausbildung stattfindet, eine Verzahnung von theoretischer und praktischer Ausbildung kaum mehr möglich ist und auch Einstellungen und Werthaltungen nicht gebildet oder konsolidiert werden können. Das muss dann in den Fahrstunden nachgeholt werden, was unweigerlich zur Verlängerung und damit Verteuerung der Ausbildung führen wird. Es ist ferner unerlässlich, zu berücksichtigen, dass Personen mit geringer digitaler Kompetenz und/oder fehlenden sozio-ökonomischen Voraussetzungen sowie Personen mit Lernschwächen bei dieser Art der Vorbereitung abgehängt würden. Lernfördernde Räumlichkeiten mit klaren Vorgaben in Bezug auf die Ausstattung müssen bestehen bleiben und rechtlich geregelt sein, um theoretischen Unterricht erfolgreich zu gestalten; eine positive Lernatmosphäre hat nachweislich Auswirkungen auf die kognitiven Leistungen, fördert die Wissensaufnahme, die Motivation zur aktiven Teilnahme und Interaktion.

Die im Rahmen von OFSA I und II (Ausbildungs- und Evaluationskonzept zur Optimierung der Fahrausbildung in Deutschland, Mensch und Technik, Heft M330) durchgeführten Untersuchungen der BASt haben ergeben, welche Themen sich für Online-Unterrichte eignen und welche in Präsenz unterrichtet werden müssen. Online- Elemente können eine sinnvolle Ergänzung zum Präsenzunterricht sein. Damit kann die Lernzeit annähernd kostenneutral verlängert und Kenntnisstände umfangreicher vermittelt und sinnvoll vertieft werden. Aber auf die soziale Interaktion, so wie sie auch im Straßenverkehr Realität ist, kann und darf nicht verzichtet werden! Die Individualität des einzelnen Fahrschülers soll auch im theoretischen Teil der Ausbildung Berücksichtigung finden; unterschiedliche Lernvoraussetzungen und auch unterschiedliche Lernbedürfnisse erfordern unterschiedliche Unterstützung durch erfahrene Pädagoginnen und Pädagogen. Präsenzunterricht in Verbindung mit asynchronem E-Learning bietet hier, wie Erfahrungen zeigen, gute Lernerfolge. Den Fahrschulen und den Lernenden anheim zu stellen, ob sie sich für Präsenzunterricht, synchrones oder asynchrones E-Learning entscheiden, wird die immer wieder angemahnte schlechte Bestehensquote noch mehr verschärfen.

Zudem erfordert die Möglichkeit, sich frei zu entscheiden, insbesondere für die jungen Fahrschülerinnen und Fahrschüler ein hohes Maß an intrinsischer Motivation, sich strukturiert mit den Lerninhalten zu beschäftigen. Ob das in der Adoleszensphase so erwartet werden kann, ist fraglich. Eine Verbindlichkeit zur Teilnahme am Präsenzunterricht, in der durch Interaktion mit der Lehrkraft und anderen Lernenden gruppendynamische Prozesse entstehen, erscheint deutlich zielführender. Der Blended-Learning-Ansatz, wie er auch in der BASt-Studie dargelegt wird, ist daher als die vielversprechendste Lösung gegenüber den Alternativen anzusehen.

Den Fragenkatalog zur TFEP zu überarbeiten, kann zugestimmt werden. Die Angabe, der Fragenkatalog bestünde aus derzeit 1.169 (606 Grundstoff, 563 klassenspezifisch; davon bewegte Situationen 70 + 98 zzgl. Mutterfragen 138 + 90) Fragen muss relativiert werden, da es eine hohe Anzahl von Fragen mit bis zu 5 Varianten gibt, die sich aber inhaltlich kaum unterscheiden. Ob eine Reduzierung des Fragenvolumens notwendig ist, ist damit fraglich. Reines Auswendiglernen wird mit den unterschiedlichen Variationen sinnvoll verhindert. Eine Überarbeitung mit Zweck der Sprachanpassung erscheint geeignet, um das Verständnis zu fördern. Begriffe wie „Verkehrsspitzen, Kopfsteinpflaster, Wasserlachen, Schienenverkehr u.a.“ finden sich heute in der Fachliteratur, selten aber in der Alltagssprache.

Die praktische Fahrausbildung soll insbesondere durch den Einsatz von Simulatoren modernisiert werden. Grundsätzlich kann der Simulator ein ergänzendes Medium zu den Fahrstunden sein. Für Angst-/Stressreduktion in der Anfangsphase, zum effizienten Einüben von Grundfertigkeiten, als Vertiefung/Wiederholung von Übungen ohne zeitlichen Druck, zum entspannten Simulieren komplexer Situationen und für das fokussierte Lernen konkreter Aufgaben ist der Einsatz zielführend – der Simulator kann aber die komplexen und oftmals schnell wechselnden Verkehrssituationen des Realverkehrs nicht ersetzen. Die praktischen Fahrstunden müssen immer Hauptbestandteil der Fahrausbildung bleiben und zwar unter pädagogischer und empathischer Anleitung, die auch die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt.
Die Vorstellung, Simulatoren würden die Schaltfahrzeuge entbehrlich machen, muss auch widersprochen werden. Unbeachtet bleiben bei diesem Vorschlag Kunden- wünsche nach einer vollständigen Ausbildung auf einem Schaltfahrzeug sowie die Regelungen der Fahrerlaubnisverordnung zur Erweiterung einer vorhandenen Fahrerlaubnis. Schaltwagen müssen aus diesem Grund weiter vorgehalten werden.

Ein Bürokatierückbau darf nicht dazu genutzt werden, eine transparente und damit nachvollziehbare Ausbildung aufzugeben. Diese Nachvollziehbarkeit ist für alle am Prozess Beteiligten sinnvoll, um die Ausbildung (Ausbildungsstand/-fortschritt/-verlauf) nachvollziehbar und verständlich zu gestalten und auch, um den gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen.

Die Experimentierklausel beinhaltet den Einzug der Laienausbildung in die seit Jahr- zehnten erfolgreiche und stets gewachsene professionelle Fahrausbildung. Fachliche Kompetenzen in rechtlicher, didaktischer, methodischer, medialer, kommunikativer und sozialer Hinsicht sind die Eckpfeiler pädagogischer Qualifikationen, über die Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer verfügen müssen. Die Fahrausbildung wurde insb. seit 2018 durch die Kompetenzrahmen der FahrlAusbV auf ein neues Niveau gehoben, um fachkompetente Lehrkräfte auszubilden, die dann sicherheitsrelevante Einstellungen und Verhaltensweisen an die Fahrschülerinnen und Fahrschüler weitergeben können. Eltern in die Verkehrserziehung miteinzubinden ist im Grundsatz richtig und im Rahmen der Verkehrssozialisation auch notwendig. Allerdings muss diese Unterstützung und Vorbereitung prä-formell, also vor Beginn der eigentlichen Fahrausbildung, erfolgen und würde bei sorgfältiger, engagierter Umsetzung auch nachhaltige und damit positive Auswirkung auf die dann folgende professionelle Fahrausbildung haben. Das bewährte System der Fahranfängervorbereitung hat eine Laienausbildung zu keinem Zeitpunkt vorgesehen, um gefährliche Situationen, Unfälle und höhere Kosten zu vermeiden. Sinnvoller erscheint es, das Erfolgsmodell „BF17“ stärker auszubauen, da hier bereits Rechtskonformität besteht. Eine angedachte Laienausbildung müsste somit eine umfangreiche haftungs-/versicherungsrechtliche Klärung nach sich ziehen.

Preistransparenz inkl. detaillierter Aufschlüsselung ist schon seit geraumer Zeit eine gesetzliche Vorgabe für Fahrschulen. Diese Veröffentlichung entbindet aber nicht von der Notwendigkeit ausführlicher Beratungsgespräche über den Ablauf der Ausbildung. Der Preis allein ist für die Kundschaft nur sehr selten ausschlaggebend für die Wahl der Fahrschule.

Die Qualität einer Ausbildung lässt sich nicht ausschließlich am Preis oder an der Bestehensquote messen. Auch wenn die Veröffentlichung von Kennzahlen motivieren könnte, das eigene Ausbildungsniveau und damit die positiven Prüfungsergebnisse zu steigern, so können reine Zahlen die Bedingungen, die zu der Quote führen, nicht annähernd darstellen. Daraus würde aber ein Wettbewerb entstehen, der den Ablauf der Ausbildung belastet und den Lernenden einem hohen Leistungsdruck aussetzen würde. Kritisch zu hinterfragen ist, inwieweit Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer dem Leistungsdruck, der sich durch die alleinige Bemessung an der Bestehensquote ergibt, dauerhaft standhalten können. Mit der Veröffentlichung würde u.U. sogar die Grundlage für alle Qualitätskriterien guten Unterrichts entzogen und diese hinfällig machen. Pädagogische Standards/Kompetenzen und angstfreies/erfolgreiches Lernen dürfen nicht an einer reinen Kennzahl gemessen werden.

Eindeutig geklärt werden müsste in diesem Zusammenhang auch, wie die Aktualisierung der Zahlen erfolgen soll. Belastbare Zahlen können zudem nur durch die Technischen Prüfstellen gewährleistet werden. Der bürokratische Aufwand müsste bei einer solchen Vorgabe auch Berücksichtigung finden, insbesondere da eine Vergleichbarkeit erst unter Einbezug regionaler Faktoren valide wird.

Die in der Pressekonferenz vom 16.10.2025 veröffentlichten Vorschläge zur Reform der Fahrschülerausbildung mit dem Fokus auf eine Reduzierung der Führerscheinkosten steht in Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der FahrschAusbO. Anstatt die hochqualifizierte pädagogische Kompetenz der Fahrlehrerschaft zu nutzen, droht durch die vorgeschlagenen Maßnahmen eine Geringschätzung der professionellen Ausbildung und eine damit einhergehende Gefährdung der Verkehrssicherheit. Eine echte Reform sollte die Erhöhung der Verkehrssicherheit in den Vordergrund stellen, so wie es das BMV bisher selbst gefordert hat. Statt kurzfristiger Kostenreduzierung durch eine Abwertung der Ausbildung, sollte der Blended-Learning-Ansatz konsequent verfolgt und die hohe pädagogische Qualifikation der Fahrlehrerschaft zur Verbesserung der Lernprozesse genutzt werden. Maßnahmen, die die Qualität, die Sicherheit und die pädagogischen Standards untergraben, sind somit abzulehnen.

Korntal-Münchingen, 24.10.2025

Österreichisches Führerscheinmodell) für Deutschland ungeeignet

Pressemeldung des BMV